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  Der Altar des Owakare-jizos, oder Abschieds-jizos

  Vor Kurzem habe ich über den Tsuboi-jizo geschrieben, der zum Tode Verurteilte kurz vor der Hinrichtung, der Überfahrt in das Jenseits, nachgesehen hat. Dabei habe ich mich daran erinnert, dass es in Kyoto noch einen andern Jizo gibt, der eine ähnliche Rolle gespielt  hat.  Sein Name ist Owakare-jizo, auf Deutsch: Abschiedsjizo. Ein trauriger Name, nicht wahr?

 

  Der Owakare-jizo befindet sich im Bezirk Kamiya-cho an der Imadegawa Straße gegenüber dem Kitano-tenmangu-jinza Schrein, über den ich in den Kapiteln 63 und 64 geschrieben habe. Man kann den Jizo leider nicht betrachten, weil er innerhalb einer verschlossenen Kiste aufgestellt wurde, nur sein Foto ist vor der Kiste zu sehen.

  Dieser Jizo wurde ursprünglich in Obama in der Provinz Wakasa (der heutigen Präfektur Fukui) verehrt.  Zu Beginn der Meiji Zeit verbreitete sich in dieser Gegend eine anti-buddhistische Bewegung, die „Haibutsu-kishaku“ heißt.

Ich möchte hier gern ein bisschen über die Haibutsu-kishaku schreiben:

  Seit Anfang der Edo Zeit haben buddhistische Tempel eine wichtige Rolle bei der Verwaltung des Volkes gespielt, z.B. beim Personenstandsregister. Sie haben mit  shintoistischen Schreinen friedlich koexistiert (Shinbutsu-shugo). Aber zu Beginn der Meiji Zeit hat die Regierung den Shintoismus als Staatsreligion festgelegt und versucht, die zwei Religionen zu differenzieren (Shinbutsu-bunri). Sie hat den Shintoismus als reinen und den Buddhismus als fremden Glauben klassifiziert.

  Allmählich hat sich die Anzahl der misstrauischen Menschen, die gegen den Buddhismus Vorbehalte hatten, vermehrt. Einige fingen an, Altargerätschaften, Buddhastatuen und sogar Tempel zu zerstören. Diese Bewegung hieß Haibutsu-kishaku, auf Deutsch „die Abschaffung des Buddhismus und Abweisung der Lehre Buddhas.“

  Um den Jizo vor Gefahren solch einer gewaltsamen Bewegung zu schützen, trug ein alter Priester den Jizo auf den Rücken und wanderte mit ihm eine lange Strecke bis zur Stadt Kyoto. Aber im Bezirk Kamiya-cho ist er zusammengebrochen und an Erschöpfung gestorben. Die Bewohner, die den Anblick des auf dem Weg liegenden Jizo nicht ertragen konnten, bauten einen kleinen Schrein, um ihn zu verehren.

Man kann den Amida-buddha statt des Jizos sehen , der in eine Kiste eingeschlossen ist

  Es gab damals ein Krematorium in der Nähe des neugebauten Gotteshauses. Daher zogen viele Trauerzüge am Jizo vorüber. Nach einiger Zeit fingen die Trauenden an, vor dem Jizo von den Toten Abschied zu nehmen und sich vom Jizo zu wünschen, dass er den Toten auf dem Weg ins Jenseits beschützt. Warum?

  Eigentlich ist der Jizo ein Schutzgott für die Reisenden. Daher steht er normalerweise am Rande eines Dorfes, um die Reisenden zu empfangen oder sich von ihnen zu verabschieden. Natürlich schützt er sie auf ihren Reisen im Diesseits. Selbst auf der letzten Reise ins Jenseits begleitet er die Reisenden.

  So gab der Priester, der im Bezirk Kamiya-cho starb, dem Jizo zufällig eine neue Heimstätte, in der er seine schützende Kraft durch die Nähe zum Krematorium verbreiten konnte.

 

 

 

Der Tofu Laden neben dem Altar